Mit Hilfe von Hunden dazugehören

Die meisten von uns stehen hoffentlich kurz vor einer Sommerpause! Nehmen wir uns doch ein bisschen Zeit, um in dogdotcom etwas über die Hundewelt zu lesen, und uns unseres Glücks zu erfreuen.

In weniger als einen Monat werden viele in Helsinki zusammenkommen, zur größten je veranstalteten FCI-Welthundeausstellung: Die Anmeldungen sind sehr vielversprechend, und da Finnland ein sehr hundefreundliches Land ist, können wir mit hohen Teilnehmerzahlen rechnen!

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Marie Luna Durán
FCI Marketing und Public Relations Manager
Interview mit Renée Sporre-Willes, Präsidentin der FCI-Standardkommission

Können Sie kurz etwas zu Ihrer Person sagen?

© Torsten Widholm
Renée Sporre-Willes mit einigen ihrer Norwich Terriers im Herbst 2013.

Meinen ersten Ausstellungshund kaufte ich mir 1965, einen Mops, der Gruppensieger und ein berühmter Zuchthund wurde. Ich war völlig begeistert von Hunden, und das hat sich seit damals nicht geändert. Seit dem ersten Mopswurf 1969 habe ich unter dem Namen Cobby’s 284 Champions in vier Rassen gezüchtet und/oder besessen.

Dass das FCI-Maskottchen ebenfalls auf den Namen Cobby getauft wurde, war reiner Zufall. Jedenfalls habe ich mit dem komischen mopsähnlichen und von Steiff hergestellten FCI-Maskottchen nichts zu tun! Allerdings kann auch ich nicht leugnen, dass eine verblüffende Ähnlichkeit zu meinem Cobby besteht. Ich mag das niedliche Maskottchen Cobby, es hat einfach eine positive Ausstrahlung. (Das englische Wort cobby bedeutet so viel wie kräftig, pummelig und kompakt, wie ein Mops).

1972 bekam ich meinen ersten Norwich Terrier, der der erste Gruppensieger der Rasse in Schweden war. Übrigens züchte ich noch immer Norwich Terrier und brachte 2013 meinen 160. Champion hervor.

In den 1970er-Jahren hatte ich einige Pekinesenwürfe. In diesem Zusammenhang erwähne ich mit Stolz, dass die 1979 in Schweden siegreichen Rüden und Hündinnen der Pekinesen, Möpse und Norwich Terriers von Cobby’s gezüchtet wurden.

1995 führte ich in Skandinavien den Lagotto Romagnolo ein. Gemessen an der Zahl der Registrierungen stand die Rasse 2013 in Schweden an 19. Stelle. Damit halte nicht nur ich diese Hunde für eine populäre Rasse.

Außerdem habe ich den schwedischen Zuchtclub für Möpse, Norwich Terriers und Lagottos gegründet, erste Ausstellungen organisiert und Zeitschriften herausgegeben.

Von 1981-2011 war ich stellvertretende Chefredakteurin des Magazins des schwedischen Hundeverbands „Hundsport“.


Wie lang sind Sie bereits Mitglied der FCI-Standardkommission?

Ich wurde 1999 in Mexiko gewählt und bin seit 2007 Präsidentin der Kommission.


War Ihr besonderes Interesse für diese Kommission auf Ihre berühmte Enzyklopädie zurückzuführen oder umgekehrt?

Mein Interesse für Rassestandards begann schon lange, bevor ich die erste Enzyklopädie verfasste bzw. ich in der Schwedischen Nationalenzyklopädie mein Wissen über Hunde niederschreiben sollte. Diese Tätigkeit begann übrigens 1986.

Als Journalistin interessiere ich mich stark für Begriffe und ihre Bedeutung. Schon sehr früh – d.h. als ich Mitte der 1960er-Jahre mit Hundeausstellungen begann – befasste ich mich mit Standards. Ich wollte einfach verstehen, warum Richter mitunter äußerst unterschiedlich urteilten. Wertvolle Hilfe erhielt ich dabei von Bertil Sted Gren, einem anderen Mopszüchter, der ebenfalls Präsident des Standardkomitees des schwedischen Hundeverbands war.


Worum kümmern Sie sich hauptsächlich innerhalb der Kommission?

Ich überarbeite und prüfe zusammen mit den Mitgliedsländern erforderliche Änderungen an ihren Standards, die von der Kommission in einer Sitzung zu untersuchen sind. Ebenso bereite ich die Tagesordnung nebst Anlagen vor, die dann an das FCI-Büro gesendet und von dort an die Mitglieder der Kommission weitergeleitet werden. Die Mitglieder erhalten die Dokumente etwa fünf Wochen vor der Sitzung. Darüber hinaus erarbeite und verfasse ich Vorschläge, die die Kommission prüfen muss. Wann immer es um die vorläufige Anerkennung einer neuen Rasse geht, kann es zu einem recht intensiven Austausch kommen, bevor der Standard auf die Tagesordnung gesetzt werden kann.
Ich leite die Sitzungen der Kommission und mache mir Notizen. Nach der Sitzung verfasse ich das Protokoll und notiere alle Vorschläge, die dem FCI-Vorstand vorgelegt werden sollen. Das Protokoll ist binnen einem Monat nach der Sitzung an das FCI-Büro zu übermitteln. Mit der wissenschaftlichen Kommission arbeiten wir bereits seit vielen Jahren äußerst effizient und partnerschaftlich zusammen. Unsere jährlichen Zusammenkünfte finden immer am gleichen Ort und zur gleichen Zeit statt. Am zweiten Tag haben wir eine gemeinsame Sitzung. Da gesundheitliche Aspekte von Rassehunden mehr und mehr im Mittelpunkt stehen, haben wir eine Menge Themen, in die beide Kommissionen involviert sind.
Im Übrigen wurde die Standardkommission kürzlich vom FCI-Vorstand ermächtigt, zusammen mit den Ursprungsländern die Illustrationen auf den Deckblättern auszuwählen. Die Mitgliedsländer übermitteln uns dabei die ausgesuchten Illustrationen. Ziel ist, ein möglichst perfektes Beispiel der Rasse aufzuzeigen. Doch was Perfektion ist, kann letztlich subjektiv sein. Vor langer Zeit wurde einmal gesagt, dass die Illustrationen auf dem Deckblatt verdeutlichen müssten, wie eine Rasse wirklich aussehen soll – und das anhand einer möglichst typischen Darstellung. Ich denke, das sollte auch heute noch so sein.

Als Präsidentin der Kommission beantworte ich ebenfalls Fragen. Allerdings nicht nur seitens der Mitglieder, obwohl es eigentlich Usus ist, dass die Öffentlichkeit ihre Fragen zunächst an ihren eigenen Hundeverband richtet. Genau wie die fleißigen Mitarbeitenden im FCI-Büro stehe auch ich gerne unterstützend zur Seite und bemühe mich, auch noch so nebensächliche Fragen bestmöglich zu beantworten.


Wie beginnen Sie mit Ihren Untersuchungen bzw. wie gehen Sie vor?

Wenn Mitglieder wünschen, dass ihr Standard geändert oder vollständig überarbeitet und damit zu einem „neuen“ Standard wird, passe ich den Standard an den FCI-Modellstandard an.
Im Anschluss geht der Standard zurück an das Ursprungs- oder Patronatsland, das über die Annahme zu entscheiden hat. Nicht selten kommt es einem Austausch über Formulierungen, Auslegung und nicht zuletzt Anpassungen des Texts, wobei Problemen im Zusammenhang mit Gesundheit und Wohlergehen der Rassen Rechnung zu tragen ist. Wenn wir mit unserer Arbeit fertig sind, setze ich den Punkt auf die Tagesordnung der jährlichen Sitzung der Standardkommission, in deren Rahmen der Standard von meinen Kollegen in der Kommission geprüft wird. Bisweilen müssen wir bei unserem jährlichen Treffen die wissenschaftliche Kommission um Rat fragen. Nach der Sitzung erhält das Land den Standard mit etwaigen Fragen oder Vorschlägen zurück, die sich bei der Sitzung der Kommissionen ergeben haben. Nach Klärung wird der Standard an das FCI-Büro gesendet und auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des FCI-Vorstands gesetzt. In der Regel tritt der FCI-Vorstand zweimal pro Jahr zusammen, sodass es bis zur Prüfung durch den Vorstand etwas länger dauern kann. Die Endentscheidung obliegt dem FCI-Vorstand, der vor seiner endgültigen Anerkennung ggf. Fragen, Anmerkungen und Vorschläge an das Ursprungsland richtet. Ist dies erfolgt, geht der Standard zurück an das FCI-Büro, wo Änderungen bearbeitet und in den Standard eingefügt werden. Vor der Veröffentlichung auf der FCI-Website wird ein vollständig überarbeiteter Standard in mindestens drei der vier FCI-Arbeitssprachen übersetzt. Der ganze Vorgang ist recht zeitaufwändig, doch aufgrund der Wichtigkeit des Dokuments darf hierbei keinesfalls geschlampt werden. Standards bleiben im Folgenden innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums unangetastet.


Welche Leistung in Bezug auf Rassestandards halten Sie für besonders erwähnenswert? Denken Sie dabei vielleicht an Änderungen bestimmter Rassen, die Korrektur von Fehlern, die Standards für neue Rassen, Übersetzungsprobleme oder Ähnliches.

Unsere Arbeit ist eigentlich nie zu Ende und ist bisweilen ein Vollzeitjob. Ich würde gerne mehr alte Standards aktualisieren. Man muss dazu aber bedenken, dass die meisten von uns diese Aufgabe in ihrer Freizeit wahrnehmen. Da kann man nicht erwarten, dass Mails sofort beantwortet werden.

Eine meiner größten Leistungen war sicherlich die Aktualisierung des Modellstandards, der ein wichtiges Instrument für den Austausch mit den Mitgliedern darstellt.

In meiner Amtszeit habe ich den FCI-Modellstandard mehrfach überarbeitet und angepasst, wenn die Notwendigkeit gegeben war. Hinzufügungen müssen grundsätzlich vom FCI-Vorstand genehmigt werden.

Der erste Modellstandard und damit die Grundlage des gegenwärtigen Standards wurde vom ehemaligen Präsidenten der Standardkommission Raymond Triquet ausgearbeitet. Da er 1987 in Jerusalem vom Vorstand genehmigt wurde, wird er manchmal auch als Jerusalem-Modell bezeichnet. Der Modelstandard ist ein Dokument, das darüber Aufschluss gibt, wie ein Standard sein und was er ausschließen sollte.

In den letzten Jahren habe ich auf der letzten Seite ebenfalls Illustrationen zu anatomischen Merkmalen hinzugefügt.

Auch dürfte ich die Erkenntnis vor Augen geführt haben, dass das Fehlen bestimmter Wortlaute in den Standards zu einer Gefährdung von Gesundheit und Wohlergehen der Rassen führen kann.

Mit gesundheitlichen Aspekten zu Rassehunden, in erster Linie in Bezug auf den Text der Standards, befasse ich mich seit Ende der 1980er-Jahre. Schweden war eines der ersten Länder, die ihre Richter in Seminaren für Übertreibungen des Rassetyps sensibilisierten. Diese Übertreibungen kamen jedoch nicht nur durch bedauerliche Zuchtfehler, getreu dem Motto „Mehr ist besser“, sondern auch durch das so genannte „Trendsetting“ zustande, das Anfang der 1950er-Jahre begonnen hatte. Gegenstand der Übertreibungen waren unter anderem Fell und Rassetyp. Einige Rassen leiden noch heute unter den Auswirkungen.

Dänemark übernahm die Idee Schwedens noch vor Schweden. Demnach wurden die Richter noch vor ihrer Ernennung für die Rassen sensibilisiert, deren Probleme besonderer Aufmerksamkeit bedurften.

Häufig wurden die Standards vor hunderten von Jahren verfasst. Damals waren die Rahmenbedingungen ganz anders: Eine politische oder öffentliche Meinung und Internet oder Facebook usw. gab es schlichtweg nicht. So kann das Temperament, das vor vielen Jahren für bestimmte Wachhunde erforderlich war, in keinen modernen Standard einfließen.

Ich hoffe, dass die Mitglieder sich des politischen Risikos bewusst sind, wenn sie im Standardtext Wortlaute und Vorgaben ignorieren, die ein Handeln der Politik auslösen können. In mehreren Ländern wurden Rassen bereits verboten. Dies zeigt, dass die Bedrohung allgegenwärtig ist und Politiker handeln, wenn entsprechende Gründe vorliegen.

Rassen und ihre Standards sind nach meiner Auffassung als kulturelles Erbe zu betrachten. Es ist unmöglich, alle Rassen für ihren ursprünglichen Zweck zu verwenden. Und in bestimmten Fällen darf das auch nicht sein. Doch obwohl wir uns gesunde und körperlich fitte Rassehunde mit einem Temperament wünschen, das in der heutigen Gesellschaft akzeptabel ist, möchten wir auch die Grundstruktur bzw. den Phänotyp beibehalten, der dem ursprünglichen Typ ähnlich ist. Der übertriebene Typ („Hypertyp“) des späten 20. Jahrhunderts interessiert uns nicht.

Wir wollen den Körperbau der alten Rassen übernehmen und ihr Temperament an moderne Standards und gesellschaftliche Anforderungen anpassen. Dies ist jedoch nicht dem Wunsch gleichzusetzen, die Qualitäten von Arbeits-/Jagdhundrassen außer Acht zu lassen. Derartige Eigenschaften sind wertvoll und müssen erhalten bleiben.


Vorder- und Rückseite der Enzyklopädie über alle Hunderassen mit FCI-Anerkennung, „All Världens Hundraser“. Die Enzyklopädie (All Världens Hundraser, AVH) über Rassehunde wurde von R.S-W. verfasst. Die zweite Auflage erschien 2013 und wurde stark erweitert und mit allen bis Herbst 2013 von der FCI international anerkannten Rassen aktualisiert. RSW zeichnete dabei für Beauftragung und Auswahl sämtlicher Fotos verantwortlich, die zum Teil von den besten Hundefotografen weltweit stammen. Das Werk ist in schwedischer Sprache verfasst und umfasst 482 Rassen, d.h. alle FCI-anerkannten und zahlreiche national anerkannte Rassen.

Ihre Enzyklopädie ist in Skandinavien sehr bekannt, existiert aber leider nur auf Schwedisch. Ist zu erwarten, dass sie irgendwann ins Englische übersetzt wird?

Einige Länder haben sich schon nach einer Übersetzung erkundigt. Bis dato leider ohne Ergebnis. Eine Neuauflage in englischer Sprache bedeutet natürlich, dass die Fotografen erneut bezahlt werden müssen. Selbst wenn ich die Übersetzung ins Englische selbst übernehme, wird der Löwenanteil der Kosten auf die Fotografen und natürlich den Druck fallen. Die Enzyklopädie ist ein Wälzer von 400 Seiten. Der Postversand wird die Kosten zusätzlich erhöhen. Eine Lösung könnte eine Ausgabe auf DVD darstellen.


Derzeit ist ein Update geplant – wann wird es verfügbar sein?

Die zweite Auflage kam im Herbst 2013 heraus. Seit Veröffentlichung der ersten Auflage der AVH sind zehn Jahre vergangen.

Die neue Auflage soll alle von der FCI anerkannten Rassen sowie über 100 nationale Rassen erfassen. Die FCI-Rassen werden mit einem Foto veröffentlicht. Ich habe sehr viel Zeit dafür verwandt, die besten und hochwertigsten Fotos und Typen ausfindig zu machen. Außerdem wollte ich freistehende Hunde mit der richtigen Farbe und einwandfreiem Fell. Ich habe mit einigen der weltbesten Hundefotografen zusammengearbeitet. Dass das Buch bei den Kritikern so gut ankam, liegt nach meiner Einschätzung auch an ihrer hervorragenden Arbeit. Auch die Richter haben ihren Teil beigetragen, zumal sie das Nachschlagewerk als den besten Leitfaden bei Ausstellungen bezeichnen.


Die Enzyklopädie ist aber nicht Ihr einziges Werk, nicht wahr? Was haben Sie sonst noch geschrieben?

Das erste Rassenbuch habe ich in der Tat 1978 über Möpse geschrieben. Seitdem habe ich noch ein wesentlich ausführlicheres Werk über Möpse, mehrere Auflagen des Buches über den Lagotto Romagnolo, eine Enzyklopädie über skandinavische Rassen sowie die Enzyklopädie zu den FCI-Rassen verfasst. Diese Bücher sind allesamt auf Schwedisch erschienen. In englischer Sprache war ich Herausgeberin und Koautorin des Werks „The Norwich Terrier“ von Marjorie Bunting. Außerdem habe ich die Artikel zu den FCI-Rassen in einer Enzyklopädie von Ann Rogers Clark und Andrew Brace geschrieben.

Derzeit schließe ich gerade das Buch zu den Sammlungen des Museums des schwedischen Hundeverbands ab. Dieses in Schwedisch und englischer Sprache erhältliche Werk wird rechtzeitig zum 125-jährigen Bestehen des schwedischen Hundeverbands erscheinen. Der schwedische Hundeverband wurde übrigens im Dezember 1889 gegründet. Zum 100-jährigen Jubiläum vor 25 Jahren zeichnete ich für Layout, Sonderartikel, Recherchen und sämtliche Bildlegenden im Jubiläumsband verantwortlich. Wenn ich so zurückblicke, komme ich mir langsam alt vor!


Sie sind darüber hinaus eine höchst angesehene Richterin. Wann haben Sie als Richterin begonnen und wann wurden Sie zu einer Allgemeinrichterin?

Der Vorstand des schwedischen Toy Dog Club fragte mich 1976, ob ich Lust hätte, die Richterausbildung des schwedischen Hundeverbands zu durchlaufen. Damals konnte man sich nicht bewerben – man musste dazu eingeladen werden. Also absolvierte ich den einwöchigen Kurs nebst dem nachfolgenden Praktikum und war erstmals 1977 als Richterin bei einer Ausstellung tätig. 1997 wurde ich als Allgemeinrichterin zugelassen und konnte damit alle FCI-anerkannten Rassen beurteilen.


Interview: Karl Donvil